Bereitstellung des Spitzenbedarfs ist die große Herausforderung
Nicht nur bei den Tagestemperaturen fallen in den zurückliegenden Tagen allenthalben die zum Teil erst im letzten Jahr neu aufgestellten Rekorde. Auch bei der Wasserversorgung der Rhein-Main-Region berichtet Hessenwasser von einem neuen Spitzenwert
Mit einer Trinkwassertagesabgabe von 426.312 m³ wurde bereits am vergangenen Mittwoch (26.06.) der Höchstwert des Vorjahres von 417.867 noch einmal um 2 % überschritten. Dabei hat der Sommer zumindest laut Kalender gerade einmal seit zwei Wochen begonnen und es ist nicht ausgemacht, ob im Verlauf des Jahres auch dieser neue Rekordwert nicht noch einmal übertroffen wird.
„Sowohl für die Trinkwassergewinnung als auch für die Trinkwasserverteilung bedeuten solche Spitzenwerte eine enorme Herausforderung“, stellt Nicole Staude, Bereichsleiterin Technik bei Hessenwasser fest: „Der Trinkwasserbedarf in solchen Hitzeperioden verläuft parallel zu den Tageshöchsttemperaturen. Im konkreten Fall bedeutete das innerhalb weniger Tage einen Anstieg um rund 35 %. Dann laufen alle Wasserwerke in kürzester Zeit am Limit“ (siehe Abbildung.
Auch in der Leitzentrale der Hessenwasser kommt man bei solchen Hitzeperioden trotz klimatisierter Arbeitsplätze ins Schwitzen. Franco Coppola ist mit seinem Team dafür zuständig, dass die verfügbaren Trinkwassermengen im weit verzweigten Versorgungssystem der Hessenwasser und bei den über 50 im regionalen Verbund angeschlossenen Kommunen bedarfsgerecht ankommen. Das bedeutet in Tagen wie diesen vor allem, dafür zu sorgen, dass die Behälter, von denen aus das Trinkwasser ins Verteilungsnetz und zu den Haushalten fließt, nicht leerlaufen. „Die abgegebene Tagesmenge allein sagt über die Komplexität der Anforderungen an das Lastmanagement noch nicht viel aus“, erläutert Coppola. „Vor allem in den Abendstunden, wenn alle nach Hause kommen, Duschen und den Garten bewässern oder vielleicht das Planschbecken für die Kinder neu befüllen, können dann im Einzelfall 100 m³ pro Stunde mehr oder weniger darüber entscheiden, ob ein Behälter bis in die Nachtstunden, wenn der Verbrauch sinkt, vor dem Leerlaufen bewahrt werden kann“, sagt Coppola, der mit seinem Team die Füllstände von 126 Behältern ständig im Blick haben muss. Die notwendige Abstimmung mit den Wassermeistern in den Kundenkommunen erfolgt dann sehr engmaschig und intensiv übers Telefon.
Weitere intensive Abstimmung mit den nur teilbelieferten Weiterverteiler-Kunden ist denn auch eine der Lehren aus den Erfahrungen des extremen Sommers im vergangenen Jahr. Schon im Spätsommer wurden dazu Gespräche aufgenommen mit dem Ziel, Maßnahmen zur Optimierung des Lastmanagements abzustimmen und so zügig wie möglich umzusetzen. Die hohe Belastung der Anlagentechnik als begrenzender Faktor für die Deckung des Spitzenbedarfs gewinnt dabei auch auf der Seite der Weiterverteiler zunehmend an Bedeutung. Übergabestationen, Transportleitungen, Pumpen und Trinkwasserspeicher sind auf diese Mengen bislang nicht ausgelegt.
„Alle Weiterverteilerverbände und Kommunen werden aktuell mit den von ihnen am Jahresanfang bestellten Mengen sicher beliefert. In diesen trockenen und heißen Tagen wird aber vielfach Trinkwasser weit über diese vertraglichen Vereinbarungen hinaus benötigt. Diese Lieferung erfolgt nach Können und Vermögen“, stellt Betriebsleiterin Staude fest. “Vor dem Hintergrund der prognostizierten Häufung solcher Hitzeperioden ist es dringend notwendig, Regelungen zu schaffen, die für alle Seiten eine verlässliche Grundlage im Umgang mit den bisher als Ausnahmesituation gewerteten Versorgungsanforderungen bietet“.
Die Grundwasserverfügbarkeit wird bei Hessenwasser derzeitig noch als unkritisch eingeschätzt. „Vor allem dank der infiltrationsgestützten Wasserwerke im Hessischen Ried und im Frankfurter Stadtwald ist trotz der anhaltenden Trockenheit eine ausreichende Verfügbarkeit der Wasserressourcen gegeben“, bewertet Nicole Staude die aktuelle wasserwirtschaftliche Situation. “Es ist die technische Infrastruktur, die über die gesamte Versorgungschiene gesehen, mit der Dauer und Ausprägung des Trinkwasser-Spitzenbedarfs an ihre Grenzen stößt. Wir haben bereits Maßnahmen zur Optimierung der Infrastruktur auf den Weg gebracht und manche, wie den ersten Abschnitt der neuen Riedleitung, bereits umgesetzt. Wir werden nun weitere Projekte auch in Abstimmung mit den Kommunen rasch voranbringen müssen“.